Wie viel Internet tut einem Unternehmen gut? Blogger und Journalist Sascha Lobo geht fürs Magazin Wirtschaftswoche der Frage auf den Grund, welchen Stellenwert die Errungenschaften des Web 2.0 für die Wirtschaft haben. Während Social-Media-Consultants predigen, Unternehmen könnten ihre Verkaufszahlen steigern, indem sie über sämtliche Produktionsschritte twittern und ihre Facebook-Seite pflegen, ist mancher noch nicht vom Nutzen via Netz überzeugt. Die Art der Kommunikation, deren Inhalte und die Intensität entscheiden. Doch von was brauche ich wie viel? Um Lösungen in einem Artikel für die Wirtschaftswoche aufzuzeigen, geht Autor Sascha Lobo einen ungewöhnlichen Weg. Er nutzt den großen Wissenspool der Webcommunity und beteiligt die Netzöffentlichkeit am Entstehen seines Artikels. Ganz Kind der Web 2.0 Gesellschaft gebraucht Sascha Lobo verschiedene Onlineplattformen, sein Blog und die Homepage der Wirtschaftswoche.
Wer sich als Journalist bei Jobbörsen umsieht, trifft auf Angebote, die 1,5 bis 2 Cent pro geschriebenes Wort bieten. Preise, zu denen keiner den Stift zückt, der bei Finanzamt und Sozialversicherungen gemeldet ist. Übrig bleiben Berufseinsteiger und nebenberufliche Journalisten, die sich für wenig Geld engagieren. Doch Neulinge im Journalismus können nicht sämtliche Themenfelder abdecken. Besser wäre die Vielfalt der Digitalisierung genutzt, wenn das komplette Potenzial von altgedienten und jungen Journalisten, Neben- und Hauptberuflern eingesetzt würde. Wie lässt sich die gesamte publizistische Bandbreite in Zeiten knapper Kassen erhalten? Wir nutzen längst nicht unsere Möglichkeiten wie Stefan Weichert und Leif Kramp in ihrem Artikel für sueddeutsche.de schreiben.
Wir Blogger bereichern die Welt mit Wichtigem, wie unserem Zustand und unserer Sichtweise auf die Welt. Dass nicht alle die Meinung teilen, jeder müsse wissen, was wir gerade zum Mittagessen hatten, stört uns kein bisschen. Übrigens: Ich war heute zum Adventskaffee bei meiner Schwester und es gab mit Krokant bestreute Plätzchen. Einige Leute hatten Kuchen mitgebracht, unter anderem einen Maulwurfkuchen. Nein – darin finden sich keine in Scheibchen geschnittenen Maulwürfe. Ich habe aus den riesigen Starbuckstassen meiner Schwester, die sie aus Schanghai, New York, Los Angeles oder Berlin mitbringt, Milchkaffee getrunken … das interessiert Euch nicht? Bloggen ist manchmal der nicht zu unterdrückende Drang, die Welt mit seinen Belanglosigkeiten zu belasten. Das haben schon Klügere vor mir festgestellt.
Im April diesen Jahres hat der Stylespion die Aktion Ein Herz für Blogs ins Leben gerufen. Damals haben zahlreiche deutschsprache Blogs teilgenommen und ihre allerliebsten Lieblingsblogs präsentiert. Und wieder bin ich dabei – dieses Mal sogar auf beiden Blogs. Ihr seht hier einige Blogperlen, geführt von sehr kreativen, teils ein bisschen verrückten Menschen. Screenshots und Links gibt es unten nach dem Klick …
Wer seine Festplatte aufräumen möchte, sollte das vielleicht mit dem Video-Game lose/lose tun. Was auf den ersten Blick wie eine Variante von Space Invaders aussieht, entpuppt sich als Speicher-Killer. Jedes dieser herabschwebenden Aliens ist mit einer Datei auf dem Rechner verknüpft, auf dem das Spiel läuft. Bei Abschuss des Außerirdischen wird die jeweilige Datei gelöscht – egal, ob Foto, Text, Film oder was auch immer. Zerstören die Wesen aus dem All das Raumschiff des Spielers, löscht sich das Spiel selbstständig. Entwickler Zach Gage versteht sein Spiel lose/lose als Kunst. Einerseits wollte er eine digitale Wirklichkeit schaffen, die auf unsere reale Welt Auswirkungen haben kann, indem die Dateien vom Rechner verschwinden. Andererseits beschäftigt Gage die Frage, wer hier Angreifer und wer Leidtragender ist. Verluste sind unumgänglich. Ich kann ausschließlich Leuten zum Spielen von lose/lose raten, die das dringende Bedürfnis verspüren, reinen Tisch zu machen. Alle anderen sollten das Spiel nicht runterladen. Keine Sorge, das Ansehen des Films oben ist völlig ungefährlich.
Die Betreiber des Blogs Basic Thinking haben eine Diskussion zum Für und Wider von Twitter in Gang gesetzt. Nach meinen Erfahrungen kommen die lautesten Kritiker des Microblogging-Dienstes aus dem Lager der „Ahnungslosen“. In meinem Bekanntenkreis haben die Twitter-Ablehner generell den Dienst nie selbst ausprobiert. Frage ich nach den Gründen, heißt es, das wäre nur ein neuer Hype – ein Wort, das in Zusammenhang mit Twitter häufig fällt. Laut Basic Thinking hat Johannes B. Kerner in seiner Talkshow am Dienstag Twitter in ähnlicher Weise kritisiert.
Twitter lieben oder hassen?
Selbstverständlich dürfen wir Twitter blöd finden, wenn wir uns morgens durch 50 Tweets à la „habe gerade Kaffee getrunken“ kämpfen. Aber wir dürfen Twitter auch ab und zu großartig finden, wenn uns die Kurznachrichten über neue Trends und News auf dem Laufenden halten. Wie Kerners Talkgast Wolf von Lojewski sagte, hatte er früher auch das Internet verdammt, aber später zugeben müssen, dass er es selbst reichlich nutzt. In ähnlicher Weise haben sicherlich in der Vergangenheit Menschen Papier und Stift, Telefon oder Fernsehen abgelehnt. Doch wer Bücher generell verteufelt, weil ihm „Vom Winde verweht“ nicht gefallen hat, übersieht die Themenvielfalt des Mediums. Twitter trägt nicht die Schuld daran, wenn einige User Unsinn posten. Es hängt von Begabung, Beobachtungsgabe, Erlebnissen und Standpunkten des jeweiligen Twitterers ab, ob seine Tweets relevant für mich sind und eine Aussage haben. Immerhin haben wir einen Ausweg, den Unfollow-Button. Wer das Medium kritisiert übersieht, dass die User die Schuld an der Schwäche der Inhalte tragen.
Als Thomas Knüwer und Mario Sixtus ihre 17 Punkte zum Journalismus im Internetzeitalter mit „Internet-Manifest“ überschrieben, zeigten sie damit, dass sie etwas Grundlegendes politischer Natur schaffen wollten. Ähnlich wie die Verfasser anderer Manifeste aus der Geschichte, sprechen sie im Interesse Vieler, stellen aber anders als ihre Vorgänger den Text zur Diskussion. Es bleibt spannend, denn das Internet-Manifest wird kontrovers im Netz aufgenommen und womöglich bin ich nicht die einzige, die liebend gern einen Blick in die Kristallkugel werfen würde, um eine Vorstellung der zukünftigen Medienlandschaft zu bekommen. Wer wird in zehn oder zwanzig Jahren an den Knotenpunkten der vernetzten Informationsgesellschaft sitzen?
Wir sind viele
Sicher werden die großen Medienunternehmen mit kleinen, aber erfolgreichen Publishern, vielleicht auch mit der ein oder anderen One-Man- oder One-Woman-Show um die Sahnestücke der Kommunikationslandschaft konkurrieren. Die Großen haben einen gewaltigen Vorsprung und sitzen immer noch an wichtigen Hebeln der Print- und Broadcasting-Medien. Aber wir Kleinen sind an manchen Ecken schneller, weil kein Blogger sich ein neues Konzept von der Chefredaktion und der Finanzabteilung absegnen lassen muss. Und ein wichtiger Umstand: Wir sind viele. Unter Bloggern finden sich oft Spezialisten, die mit Begeisterung über ihr Fachgebiet schreiben. Dieser umwerfenden Motivation steht der Journalist gegenüber, der oder die sich unter Umständen in das jeweilige Themengebiet erst einarbeiten muss und vielleicht der neuen EU-Milchverordnung kein so glühendes Interesse entgegenbringt wie der bloggende Milchbauer.
Eigenverantwortlicher User
Nicht nur das Schreiben und Recherchieren steht zur Debatte, sondern auch die Frage, wer in Zukunft Nachrichten bewerten und gewichten wird. Wer sorgt dafür, dass George Clooneys sexuelle Orientierung eine größere Headline bekommt, als die bevorstehende Bundestagswahl? Das werden in Zukunft noch verstärkter die Mediennutzer sein und letztendlich wird jeder einzelne noch mehr für sich alleine die Entscheidung treffen müssen, welche Nachrichten er oder sie in welchen Medien konsumiert. Kommen wir also zur zahlreich belegten These, die sich aufs Fernsehen bezieht, aber noch stärker fürs Internet gilt: „Fernsehen macht dumme Menschen dümmer und kluge klüger.“ Die Schere zwischen Wissenden und Nichtwissenden wird größer, das ist eine der wenigen Aussagen, die ich ohne Kristallkugel für die Zukunft zu machen wage.
Das Internet-Manifest beschreibt Entwicklungen, die bereits lange im Gang ist. Früher sprach man von Binsenweisheiten. Ein mit einer geschichtlich vorbelasteten Überschrift versehener Text wird daran nichts ändern. Aber Thomas Knüwer und Mario Sixtus haben uns Bloggern wieder etwas gegeben, an dem wir uns reiben dürfen. Das tue ich mit großer Freude.