Die deutsche Choreografin Pina Bausch ist gestern im Alter von 68 Jahren gestorben. Ich werde nie den Besuch einer Aufführung des Folkwang Tanzstudios vergessen, bei dem ich plötzlich verstand, wie spannend moderner Tanz ist. Pina Bauschs Assistent war Choreograf eines Theaterstücks – Lisystrate, bei dem ich eine winzige Rolle hatte. Unser Choreograf hatte sich die Frage gestellt, wie sich Frauen erotisch bewegen können, ohne vulgär zu werden. Schließlich zogen wir zu Eric Claptons Wonderful Tonight in einem Bewegungsmuster auf die Bühne, das aus dem aneinanderreiben unserer Ellbogen und dem Nachzeichnen einer weiblichen Silhouette bestand.
Wir kamen uns dabei merkwürdig verrenkend und verdreht vor und protestierten lautstark. Unser Choreograf war empört. Dazu muss ich erklären, dass das Theater ein stark hierarchisch gegliederter Raum ist. Es ist genau festgelegt, wer wem etwas zu sagen hat. Und kein Schauspieler erzählt einem Choreografen, wie er gerne tanzen möchte. Unser Choreograf nahm uns mit zu einer „Aufführung von Pina“. Ich bin ihm für diese Lehre bis heute dankbar. Wir haben später jede merkwürdige Verrenkung auf der Bühne mit dem Bewusstsein vollführt, eine Botschaft damit zu vermitteln.