Vor über einem Jahr fand in der Berliner Nationalgalerie die Ausstellung Jeff Koons.Celebration statt. Gezeigt wurden großformatige Skulpturen teils aus Edelstahl. Mit Riesenluftballons in Bunnyform oder Kitschskulpturen befördert der US-Künstler Koons Popelemente unseres Alltags ins Museum. Damit steht er in der Tradition der Kunst berühmter Vorgänger wie Marcel Duchamp und Andy Warhol. Den Katalog zur Ausstellung gibt es zurzeit in der Mayerschen Buchhandlung für unter 5 Euro zu kaufen.
Katalog Jeff Koons.Celebration
Hrsg. Anette Hüsch, Text von Anette Hüsch, Gedicht von Rainald Goetz, Peter-Klaus Schuster
Hatje Cantz Verlag, 2008. 120 Seiten, 57 farbige Abb., 25,30 x 30,10 cm, broschiert, ISBN 978-3-88609-652-7
Jeremy May verwandelt Geschichten in Schmuckstücke. Seine kompakten Ringe schneidet der Brite aus Literatur heraus, genauer gesagt aus Buchseiten, versiegelt die Oberflächen und bemalt sie. Jedes Stück ist einzigartig. Wer gerne Shakespeare oder Goethe am Finger stecken hat, kann sich hier mit Literatur eindecken. Nur das Lesen wird sich nicht ganz einfach gestalten. Noch bietet Jeremy seinen Schmuck nicht als Fortsetzungsroman an. Weitere Fotos des Schmucks gibt es unten nach dem Klick …
Ihr plant einen Kunstraub und seid noch auf der Suche nach Inspirationsquellen? Dann möchte ich Euch die Lektüre dieses Buches ans Herz legen: Aktenzeichen Kunst – Die spektakulärsten Kunstdiebstähle der Welt von Nora und Stefan Koldehoff. Für ihr Sachbuch haben die beiden Autoren gründlich recherchiert und Experten interviewt – nein, keine Kunsträuber, sondern Polzisten und Versicherer. Aus dem Buch können Nachwuchskunsträuber lernen, dass Dreistigkeit siegt und städtische Museen häufig die hohen Kosten für die Anschaffung einer funktionierenden Alarmanlage scheuen, dass sie keine Taschenlampen benötigen, da es sich tagsüber leichter klaut und dass sich mit Kunstraub viel Geld verdienen lässt. Was hindert uns noch? Etwa die Ansicht, dass Kunst der Öffentlichkeit in einem Museum zugänglich sein sollte, anstatt von mir heimlich in der dunklen Garage verehrt zu werden?
… und nein: beim Buch Aktenzeichen Kunst handelt es sich selbstverständlich nicht um eine Anleitung zum Do-it-yourself-Raub. Die Autoren bereiten uns das Vergnügen, Zeuge einiger ungewöhnlicher Vorfälle zu werden. Das Lesen macht diebischen Spaß.
Aktenzeichen Kunst, Die Spektakulärsten Kunstdiebstähle der Welt, Nora und Stefan Koldenhoff, DuMont, 29,90 Euro, zurzeit für 14,90 Euro im Angebot
Wohin gehen die Enten, wenn im New Yorker Central Park die Seen zufrieren? Holden Caulfields Gedankenwelt wird neben Schulproblemen von großem Mitleid für Federvieh und einige bedauernswerte Menschen bestimmt. Der 16-Jährige ist vor vielen Jahren mein Held gewesen, als ich Der Fänger im Roggen gelesen habe. Holden meint es gut mit der Welt und scheitert doch so oft an ihr. Ich mag seine Hartnäckigkeit, die ihn wieder aufstehen lässt und die ihn dazu treibt, banalsten Dingen auf den Grund zu gehen. Als ich hörte, dass Holdens Schöpfer der Autor D.J.Salinger im Januar 2010 gestorben ist, war dies ein Grund für mich, Der Fänger im Roggen aus meinem Bücherregal hervorzukramen. Ich muss gestehen, dass ich schon vieles daraus vergessen habe. Falls Ihr es noch nicht gelesen habt: Tut es! Jetzt!
J.D.Salinger: Der Fänger im Roggen, erschienen bei rororo als Taschenbuch, 8,95 Euro
Helene Hegemann und die Plagiatsvorwürfe zu Axolotl Roadkill
Ich bin ein wenig enttäuscht. Die 17-jährige Schriftstellerin Helene Hegemann soll nichts – tatsächlich rein gar nichts aus meinen Blogs für ihren Roman Axolotl Roadkill geklaut haben. Noch habe ich ihr von der Kritik hochgelobtes und zum kleinen Teil „zusammengeborgtes“ Werk nicht gelesen. Neben Textpassagen, die sie vom Blogger Airen abgeschrieben hat, sollen weitere Teile ihres Romans Popsongs oder anderen Quellen entnommen sein. Leider scheint sie sich gegen Inspirationen meinerseits erfolgreich zur Wehr zu setzen oder besser gesagt: Helene Hegemann ignoriert mich.
Nichts selbst erlebt
Erst waren Kritiker von der drastischen Sprache Hegemanns verzückt, da Authentizität und das „echte Leben“ aus dem Gebrauch von Worten wie „ficken“, „Gruppensex“ und viel Anallastigem spräche. Jene Feuilletonisten sind jetzt betrübt und fühlen sich von Helene Hegemann hintergangen. Diese hat leider weder in ihrem 17 Jahre jungen Leben Gruppensexpartys besucht, noch tanzte sie die Nächte zugedröhnt im Berliner Club Berghain durch. Womöglich hat sie das Etablissement nie betreten, wie manch Kritiker böse ahnt. Helene Hegemann hat ihre Exzesse erlesen, nicht erlebt. Wer wie ich unter Nichtbeachtung leidet und nicht beklaut wurde, kann sich zumindes daran vergnügen, wie sich alle die Köpfe einschlagen. Mit Freude blicken wir dem nächsten Literaturskandal entgegen. Wie bekannt wurde, soll Joanne K. Rowling, Autorin der Harry-Potter-Bücher selbst nie gezaubert haben. Wir sind entsetzt.
Wer den Atlas der entlegenen Inseln von Judith Schalansky liest, bekommt den Eindruck, die Autorin habe jedes der 50 vorgestellten Eilande persönlich bereist. Die Texe beschreiben anschaulich die Überfahrt zu kleinen verwunschenen Landflecken in sämtlichen Weltmeeren. Im Untertitel des Buches verrät Judith Schalansky aber: Fünfzig Inseln, auf denen ich nie war und niemals sein werde. Die Entdeckungsfahrten haben nur als Fingerreise auf Landkarten stattgefunden, wie die 29-jährige Autorin und Grafikerin erzählt. Sie hat ihre frühe Kindheit in der DDR erlebt. Urlaubsfahrten bestanden damals aus dem Erfassen der Umrisse einzelner Landschaften mit dem Zeigefinger auf Papier. Heute nimmt Judith Schalansky uns mit auf ihre ungewöhnlichen Fahrten und ich darf erleben, wie viel Spaß das imaginäre Entdecken macht. Jeder Insel wie Floreana, Tristan de Cunha oder Pagan ist eine Seite mit Text und eine mit einer grafischen Abbildung gewidmet. Ich habe das Buch durchgeblättert und festgestellt, dass ich keine einzige dieser Inseln je besucht habe. Ich wüsste nicht, wie ich mich in die Karasee oder nach Französisch-Polynesien verlaufen sollte. Irgendjemand soll mal gesagt haben, „am schönsten sind die Reisen, die man nie gemacht hat“. Allein die Fanatsie lässt einen ohne große Anstrengungen unter Palmen landen. In Gedanken schicke ich Euch Grüße aus Tristan de Cunha. Es ist sehr nett hier.
In der vergangenen Woche war Sarah Kuttner mit ihrem Buch Mängelexemplar zu Gast beim Zeltfestival in Bochum. Mit ihrer Lesung schaffte es die Moderatorin und Entertainerin, auf sämtliche anwesenden Gesichter den Das-Kenne-Ich-Auch-Ausdruck zu zaubern. Viel Tiefsinn besitzt die Geschichte um Protagonistin Karo nicht – braucht sie aber auch nicht, wenn uns Sarah Kuttner selbst die Geschichte auf so sympathische Art und Weise vorliest. Am liebsten hätte ich die Autorin gleich nach der Lesung eingepackt, damit sie mir zu Hause weiter aus ihrem Buch vorlesen kann.
Im Buch Mängelexemplar erzählt Sarah Kuttner die Geschichte der jungen Frau Karo, die von sich selbst sagt, sie wäre schwierig. Karo trennt sich von ihrem Freund, ist zutiefst betrübt und unterhält uns mit allerlei Nervenzusammenbrüchen und Experimenten zur Aufarbeitung verschiedenster Probleme, die jedem bereits bekannt sein dürften. Karo besitzt genug Humor, um dem Leser genügend Distanz zu sämtlichen Problemen zu verschaffen. Ich habe mich über Sarah Kuttners Mängelexemplar amüsiert, ohne dass ich tiefsinnige Erkenntnisse über zwischenmenschliche Beziehungen gewonnen hätte. Wir hatten es während der Lesung recht kalt im dunklen Zirkuszelt, aber Sarah Kuttner war so persönlich, liebenswürdig und witzig, dass wir uns warm gelacht haben. Fotografieren lässt sich die Autorin ungern, weswegen es nur ein Bild aus weiter Entfernung gibt.