Zu hoch für Duisburg? Das Wahlplakat in 2,5 Metern Höhe
Die SPD und neue Konkurrenz
Gregor Gysi hat sich so hoch an die Duisburger Laternenpfähle tackern lassen, dass ich ihn erst einen Tag vor der Bundestagswahl vor meinem Haus entdeckt habe. Ich mag es nicht, zu Politikern aufschauen zu müssen und damit rückte der Fraktionsvorsitzende der Linken aus meinem Blickfeld. Ein bisschen eitel wirkt er, wie er da so oben hängt. Gysi hatte erkannt, dass die SPD durch ihre Tendenz in die Mitte und darüber hinaus eine gähnende Leere im linken Themenspektrum hinterließ. Die Partei Die Linke nahm bereitwillig diesen frei gewordenen Platz ein. Und wohin rückt die SPD? Möchte sich die Partei in Zukunft die Stühle mit der CDU teilen? Wollen die Sozialdemokraten wieder zurück links neben die CDU? Dort sitzt jetzt Gregor Gysi und wird ein wenig eitel auf die SPD runter sehen. „Weg gegangen, Platz ver …“ wird er leise bei sich denken.
Als Thomas Knüwer und Mario Sixtus ihre 17 Punkte zum Journalismus im Internetzeitalter mit „Internet-Manifest“ überschrieben, zeigten sie damit, dass sie etwas Grundlegendes politischer Natur schaffen wollten. Ähnlich wie die Verfasser anderer Manifeste aus der Geschichte, sprechen sie im Interesse Vieler, stellen aber anders als ihre Vorgänger den Text zur Diskussion. Es bleibt spannend, denn das Internet-Manifest wird kontrovers im Netz aufgenommen und womöglich bin ich nicht die einzige, die liebend gern einen Blick in die Kristallkugel werfen würde, um eine Vorstellung der zukünftigen Medienlandschaft zu bekommen. Wer wird in zehn oder zwanzig Jahren an den Knotenpunkten der vernetzten Informationsgesellschaft sitzen?
Wir sind viele
Sicher werden die großen Medienunternehmen mit kleinen, aber erfolgreichen Publishern, vielleicht auch mit der ein oder anderen One-Man- oder One-Woman-Show um die Sahnestücke der Kommunikationslandschaft konkurrieren. Die Großen haben einen gewaltigen Vorsprung und sitzen immer noch an wichtigen Hebeln der Print- und Broadcasting-Medien. Aber wir Kleinen sind an manchen Ecken schneller, weil kein Blogger sich ein neues Konzept von der Chefredaktion und der Finanzabteilung absegnen lassen muss. Und ein wichtiger Umstand: Wir sind viele. Unter Bloggern finden sich oft Spezialisten, die mit Begeisterung über ihr Fachgebiet schreiben. Dieser umwerfenden Motivation steht der Journalist gegenüber, der oder die sich unter Umständen in das jeweilige Themengebiet erst einarbeiten muss und vielleicht der neuen EU-Milchverordnung kein so glühendes Interesse entgegenbringt wie der bloggende Milchbauer.
Eigenverantwortlicher User
Nicht nur das Schreiben und Recherchieren steht zur Debatte, sondern auch die Frage, wer in Zukunft Nachrichten bewerten und gewichten wird. Wer sorgt dafür, dass George Clooneys sexuelle Orientierung eine größere Headline bekommt, als die bevorstehende Bundestagswahl? Das werden in Zukunft noch verstärkter die Mediennutzer sein und letztendlich wird jeder einzelne noch mehr für sich alleine die Entscheidung treffen müssen, welche Nachrichten er oder sie in welchen Medien konsumiert. Kommen wir also zur zahlreich belegten These, die sich aufs Fernsehen bezieht, aber noch stärker fürs Internet gilt: „Fernsehen macht dumme Menschen dümmer und kluge klüger.“ Die Schere zwischen Wissenden und Nichtwissenden wird größer, das ist eine der wenigen Aussagen, die ich ohne Kristallkugel für die Zukunft zu machen wage.
Das Internet-Manifest beschreibt Entwicklungen, die bereits lange im Gang ist. Früher sprach man von Binsenweisheiten. Ein mit einer geschichtlich vorbelasteten Überschrift versehener Text wird daran nichts ändern. Aber Thomas Knüwer und Mario Sixtus haben uns Bloggern wieder etwas gegeben, an dem wir uns reiben dürfen. Das tue ich mit großer Freude.
Foto: pixelio.de Fotograf tommyS © Digitalfotovision
Den kompetten Text des Internet-Manifest gibt es unten nach dem Klick …
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Im Café Europa wird die Auswahl immer größer – nicht unbedingt besser. Am 7. Juni 2009 hat der Bürger auf dem 88-Zentimeter-Wahlzettel die Entscheidung zwischen 31 Parteien getroffen. Darunter begegneten dem Wähler neben den großen bekannten einige exotische Parteien. Das sind zum Beispiel Die Frauen eine feministische Partei, Die Piraten, Freunde aller Raubkopierer, Die Christliche Mitte (sehr schönen Spoof zum Spot dazu findet Ihr hier) Die Grauen oder die Partei 50Plus, die die Interessen älterer Menschen vertreten. Letzere nennt sich auch Anti-Parteien-Partei. Sehr beliebt in ganz Europa ist das Protestwählen, indem der Wähler das Kreuzchen neben einer Partei macht, deren Sieg er für völlig aussichtslos hält. Was Merkels Konjunkturanschub mit EU-Lebensmittelverordnungen zu tun hat, enzieht sich meinem Verständnis. Ich habe mich mit einem Bekannten unterhalten, der aus Protest sein Kreuz neben einer Partei, „in deren Name irgendwas mit sozial stand“ gemacht hat. Ich erzählte ihm, dass er seine Stimme einer rechtsradikalen Gruppierung gegeben hatte. Selbstverständlich wählen wir Blogger und Journalisten die Piratenpartei. Hebt das Urheberrecht auf! So eine Lapalie wie den Lebensunterhalt verdienen wir uns, indem wir dann Online-Filmtauschbörsen betreiben.
Foto: Rainer Sturm/Pixelio